Zitat der Woche 03/4

Achtung: dieser Eintrag ist nicht mehr aktuell!


Gestern: Wieder, nach dem Tun, das Liegen weit draußen unter den Eukalyptusbäumen, den rauschenden, rasselnden. Die verkleinerten Planeten-Modelle der E-Kapseln im Gras, wie in Portugal vor einem Jahr. Die Gaststätte gegenüber dem Busbahnhof von L. mit dem Betrunkenen, der mich beschimpfte, weil ich nicht mit ihm redete. Am Abend die Straßen menschenvoll vom Gründonnerstagsumzug mit dem Christus auf dem Ölberg, blutschwitzend, mit wirklichem, schwankendem Ölbaum hinter seiner Statue auf der Trage, dahinter, auf der Folge-Trage, die Skulptur seiner weinenden Mutter, herrliche Gesichter, Bildnisse des Trauerns. Auf dem Gehsteig die Spreu von den Sonnenblumenkernen, diese von den Zuschauern im Spalier ohne Unterlaß geknackt. Der Fastvollmond als starkes Saumlicht hoch oben an den Gründonnerstagswolken (21. März 1989, Linares)

Die für die Kreuzigungsprozession übenden Träger gestern nacht in den erwartungsleeren Straßen von L., alle gleich groß, gleich klein, mit den Schulterkissen für die Statuen, die Tragen noch ohne diese, die Passionsfiguren, nackt, leer; die die Träger begleitenden Mädchen (22. März 1989, santo martes tranquilo)

Gestern: die wüste Trommelschlagnacht des Gründonnerstag bis jetzt in den frühen Morgen des Karfreitag, und in den Trommeln wieder, wie vor einem Jahr zu Ostern in Léon, hoch über all dem Treiben der ekstatische Gesang einer Frauenstimme, brüchig, zart, immer wieder aussetzend, allesdurchdringend, und so die Stunden zwischen Mitternacht und dem Morgen, bis schon wieder die Hähne krähten (24. März)

 

Gestern unterwegs(aus: Peter Handke: Gestern unterwegs. Aufzeichnungen November 1987 bis Juli 1990. Salzburg/Wien: Jung und Jung 2005, S. 379f., 380, 382.)