Stift Griffen: Dokumentation der Restaurierungsarbeiten

RestaurierungDie Geschichte des Stifts verzeichnet eine Reihe von Umarbeiten, Erweiterungen und Erneuerungen, vor allem nach den zwei Bränden von 1648 und 1750, denen große Teile des Stiftsgebäudes und des Inventars (wie zum Beispiel die Bibliothek) zum Opfer fielen. Das Gebäude dürfte verschiedenen Dokumenten zufolge aber immer schon einen großen Erhaltungs-, Wartungs- und Renovierungssauffand gefordert haben. 1924 stürzten etwa Teile der Holzdecke des Stiftsgebäudes ein. 1959 musste die Decke des Refektoriums durch Pfosten gestützt (gepölzt) werden, um ihren Einsturz zu verhindern.

Initiative

Den Bemühungen des Provisors von Stift Griffen und der Kulturinitiative Stift Griffen, die mit der Peter Handke Werkschau die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Gebäude lenkte, ist es zu verdanken, dass 1998 mit umfassenden Renovierungsarbeiten im Inneren und an den Fassaden des teilweise leerstehenden Stiftsgebäudes und der ehemaligen Stiftskirche begonnen werden konnte: Die Decke des Refektoriums wurde gehoben und statisch gesichert und so auch das darüber liegende Dormitorium, wo die Werkschau eingerichtet wurde, vor dem Einsturz bewahrt; die Stuckverzierung der Refektoriumsdecke wurde freigelegt und restauriert; die Räume im Obergeschoß wurden renoviert und für die Ausstellung adaptiert; ein Teil des Daches wurde neu gedeckt; das Muschel- und Akanthusdekor und die Terrakottafiguren der Fassade des Stiftshofs und der Stiftskirche wurden restauriert.

Die Initiative begann aber schon 10 Jahre zuvor: Ende der 1980er Jahre wurden erste Untersuchungen an den Terrakotten durch das Bundesdenkmalamt und Planaufnahmen durch die technische Universität Wien veranlasst. Nach dem positiven Bescheid, die Restaurierung der Ostfassade der ehemaligen Stiftskirche und Teile der Stiftsfassade im Hofbereich im Rahmen der von der Europäischen Union geförderten Raphael-FassTec-Aktion zu unterstützen, konnte die Sanierung in Angriff genommen werden.

Finanzierung

Die Finanzierung der kostenintensiven Renovierungsarbeiten wurde durch mehrere Stellen gewährleistet, durch Gelder der Europäischen Union (FassTec), der Pfarre Stift Griffen, des Bischöflichen Ordinariats, der Kärntner Landesregierung, der Gemeinde Griffen, des Rotary Club Völkermarkt, des Bundesdenkmalamts und des Besitzers eines Teils des Stiftsgebäudes, Siegfried Duller (Stifterwirt).

Arbeitsteam

Die anfallenden administrativen, organisatorischen und handwerklichen Arbeiten wurden von Mitarbeitern des Österreichischen Bundesdenkmalamts, des Bischöflichen Ordinariats, der Pfarre Stift Griffen zusammen mit den Diplomrestauratoren Heike und Christoph Tinzl, dem Restaurator Werner Campidell und Siegfried Duller unternommen.

Bestandsdokumentation und Befundsicherung

Im Juni 1998 erfolgten erste Besichtigungen der Anlage durch ein Expertenteam aus Bayern, Tschechien, Slowenien und Kärnten, um den Erhaltungszustand des Stiftsgebäudes genauestens zu eruieren und zu beschreiben. Im Rahmen dieser Begutachtung wurden mit den Teilnehmern der FassTec-Restaurierung bereits über Restaurierungsmethoden und Erhaltungsstrategien diskutiert. Die Bestandsaufnahme und Befundsicherung erfolgte durch das Restauratorenteam Tinzl. Sie konzentrierte sich konkret auf den Verputz, auf Schädigungen, Risse, Klüfte, sowie auf die Frage der in den einzelnen Epochen vorkommenden Oberflächenmaterialien und dokumentierte die verschiedenen, bei der Fassadengestaltung angewandten historischen Bautechniken und erste Erkenntnisse über die Farbgestaltung.

Erstellung eines Schadensbildes

Die Bestandsdokumentation zeigte aufgrund der komplexen Zusammensetzung und Ausführung des Materials ein äußerst umfangreiches Schadensbild (Restaurator Werner Campidell):

  • Verputze, die von bauschädlichen Salzen und Vergipsungen (hoher Gipsanteil) stark kontaminiert sind
  • freiliegende ältere Fassungsphasen mit geringem Bindemittelanteil
  • Schalen- und Taschenbildung (Absandungen) im Rotsteinbereich
  • Materialsprengung und chemischen Umwandlungsprozesse durch Mikroorganismen (Bakterien, Schimmelpilz, Flechten, Algen) und Pflanzen (Birken)
  • Schäden durch die Bewitterung (z.B. Zerfall der Voltuenverdachung)
  • Entwicklung einer Schadensdynamik durch fehlende Restaurierungs- und Wartungsarbeiten der letzten Jahrhunderte

Formulierung von Restaurierungszielen

RestaurierungHauptziel der Restaurierungsmaßnahmen war es, die barocke Originalsubstanz zu erhalten bzw. fehlende Teile zu ergänzen. Die Entscheidungen wurden im Restaurierungsbericht von Werner Campidell 1999 festgehalten:

"Die sichtbare romanische Architektur, bestehend aus rotem Sandstein, soll genauestens dokumentiert, gegenüber der barocken Fassade nicht sichtbar bleiben, aber auch nicht zerstört werden. Als Restaurierungsziel wurde schließlich die größtmögliche Erhaltung der barocken Originalsubstanz genannt, wobei nach entsprechenden Festigungen durchaus Ergänzungen und Teilrekonstruktionen möglich sind. Ergänzungen sollen in späterer Folge nicht mehr erkennbar bleiben. Die barocke Originalpolychromie ist überstrichen und stark verfärbt, sodass es kaum möglich sein wird, sie auch nur in kleinen Bereichen sichtbar zu belassen. Die Farbigkeit der Fassade wird rekonstruiert werden, wobei darauf zu achten ist, die barocke Originalfassung nicht zu zerstören."

Restaurierungsarbeiten

Die einzelnen Arbeitsschritte der Restaurierung waren:

  • Entfernen von Moosen, Algen und Pflanzen
  • Befestigung
  • Entfernen von Betonplomben und lockeren Putzteilen
  • Ergänzen des Stucks
  • Putzerneuerungen
  • Rekonstruktion der Farbfassung
  • Reparatur und Neuaufsetzen des Sockels (Immaculata)

Aufzüge aus dem 1999 erschienenen Text "Techniken der Fassadendekoration" von Dr. Ulrich Harb machen die umfassenden Restaurierungsarbeiten in Stift Griffen deutlich:

Immaculata

Die Figur besteht aus einem gemauerten Kern mit Kalkgipsstuck. Ob es sich bei der Nische tatsächlich um das mittlere Fenster der romanischen Pfeilerbasilika handelt konnte im Rahmen der Befundsicherung aus Kostengründen zwar nicht festgestellt werden, aber man konnte mehrere Gestaltungs- bzw. Überarbeitungsphasen der Figur und ihre Materialzusammensetzung genau bestimmen. "Nach dem Entfernen aller Betonplomben, Moose, Algen und Pflanzen wurden an den Stuckfassaden nach vorsichtiger Reinigung, die die Schäden erst erkennbar machte, Hohlstellen und lockere Stuckteile mit Kalkmilch und teilweise mit Primal hinterklebt und hinterfüllt … Die Ergänzungen des Stucks erfolgten mit grobem und feinem Kalkmörtel. Die abgearbeitete Rotsandsteinrahmung des Mittelfensters wurde in der unteren Mauerzone mit den angrenzenden Mauerflächen zur Gänze mit einem Mörtel überzogen, der der Struktur der Barockzeit entspricht. Der Umgang der Marienfigur hatte anfangs einen Blumen- und Sternendekor auf weißem Grund, der in der zweiten Phase mit einem ähnlichen Dekor in Öltechnik überfasst wurde. Auch hier wurde die Erstfassung in Kalksteinkasein-Technik und der Dekor mit Ölvergoldungen rekonstruiert."

"Um die Ostfassade der Stiftskirche vor schädigenden Witterungseinflüssen besser schützen zu können, wurde die Anbringung verschiedener Schutzdächer diskutiert und eine Verlängerung der Traufe bzw. Vergrößerung des Traufabstandes durch die Anbringung von Anschüblingen durchgeführt. Da sich noch während der Restaurierungsarbeiten zeigte, dass ein Wasserspeier in der Ichse zwischen der Stiftskirche und dem anschließendem Pfarrhoftrakt bei starkem Regenfall den Niederschlag nicht ausreichend ableiten konnte, musste zu allerletzt dieser Ichsenbereich zimmermannsmäßig verändert werden und neu verblecht werden. Als weitere Maßnahme wurde auch hier eine Neuverblechung der Pilastervoluten, deren barocke Verblechung vermutlich in Blei ausgeführt war, und des Gesimses unterhalb der Pilaster mit Zinkblech vorgesehen."

Hauptportal

"Die Restaurierung der Portalwand über dem Zugang zum Kreuzgang erfolgte in Analogie zur Ostfassade der Stiftskirche und der anschließenden Stiftsfassade. Auch hier mussten Steinfestigungen am Rotsandstein sowie Stuck- und Terrakottaergänzungen durchgeführt werden." (Köpfe, Hände und Attribute der Figurengruppe wurden schon einige Zeit davor äußerst plump in Zement ergänzt.) "Nachdem auch diese Teile große Schäden aufwiesen, wurde in Absprache mit dem Diözesankonsvervator auch hier Ergänzungen durchgeführt." "Die Farbfassungen wurden nach deren chemischer Analyse in Kalk-Kasein-Technik erneuert und die nur fragmentarisch erhaltenen Originalbefunde damit konserviert, die Architekturgliederung und der Stuck dieser Portalwand erhielten so wie die Architekturgliederungen der anderen Fassaden in einem hellbeigen Satinober wieder den Farbton ihrer Erbauungszeit."

Fensteraufsätze

"Erst nach der Einrüstung der Fassadenfläche musste festgestellt werden, dass die Fensteraufsätze nicht – wie erwartet – überall aus Terrakotta, sondern zum Teil aus äußerst mürbem Stuck mit noch dazu starkem Gipszusatz bestanden und sich witterungsbedingt in einem sehr schlechten Zustand befanden. Die Fensteraufsätze im Erdgeschoß und in der Eingangsachse im ersten Obergeschoß bestanden aus zum überwiegendem Teil gut erhaltener, zum geringen Teil jedoch auch zerstörter Terrakotta. Von diesen Terrakottaaufsätzen waren die des Erdgeschoßbereichs in einem eher schlechten Zustand, sodass einige der Bekrönungen ergänzt werden mussten. Dabei wurden Abgüsse aus rotem Sand und Weißzement, die der Farbe der Terrakotta entsprechen, angefertigt und an den ursprünglichen Stellen neu versetzt." 36 der insgesamt 180 Fensterbekrönungen konnten restauriert werden.

Sonnenuhrfresko

„Bei den Restaurierungsarbeiten der Fassade wurde über dem eigentlichen Gasthofportal ein Sonnenuhrfresko, das etwa zur Hälfte nach im Original erhalten war, freigelegt, den umfangreichen Erfahrungen der Kärntner Denkmalpflege mit Sonnenuhren folgend, ergänzt. Eine Inschrift, bei der wenige Buchstaben fehlen, mit dem Chronogramm '1716' könne auch die Barockisierung mit dem Akanthus- und Muscheldekor dieser Fassadenbereiche datieren."

Nordfassade

"Im Anschluss an die Renovierung dieser Hoffassade mit dem reichen Stuckdekor wurde noch die schmale Nordfassade dieses Stiftstraktes, die abgesehen von glatten Fensterrahmungen keinerlei Dekor aufweist, in der bewährten Art vom Stifterwirt in Stand gesetzt bzw. restauriert."

(Der Bericht basiert auf der Zusammenstellung von Mag. Robert Wlattnig für die Kulturinitiative Stift Griffen / Stift Griffen Museum.)

 

Literatur und Links

  • Hardt, Ulrich: Techniken der Fassadendekoration, 1999.

 

Fotodokumentation: Vor und nach der Restaurierung

  • Stiftshof+Ostseite
    Stiftshof Ostseite
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    Stiftsgebäude Nordseite
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